Riverstreet Jazzband

Kontakt

Peter Lüscher
Häsiweg 46
5018 Erlinsbach
062 844 10 23
tromp.luescher@bluewin.ch

Nächste Auftritte
28.06.2024
Jazzkonzert

Alterszentrum Mühlefeld, Erlinsbach
17:30-21:00

18.08.2024
Jazz Matinée, Buchs bei Aarau

Openair beim Gemeindesaal 11:00-14:00

Chronik einer aussergewöhnlichen Band - 60 Jahre Riverstreet Jazzband


Erste Dekade 1960 bis 1970

Die Schweizer Jazz-Szene war 1960 mit wenigen bekanten Bands wie Tremble Kids und Harlem Ramblers aus Zürich, Old School Band aus Genf, Swiss Dixie-Stompers aus Biel Wolverines Jazzband aus Bern etc. noch recht unterentwickelt. In diesem spannenden Umfeld entschliesst sich der damals 20-jährige René Karlen, eine eigene Jazzband im traditionellen Stil zu gründen. René hat als "Bezler" in Aarau Musikunterricht (Es-Horn und Klavier) genossen. Seine Karriere als Pianist nahm allerdings bald ein jähes Ende. Statt den Polkas und Etüden spielte René seiner Lehrerin Ragtimes und Boogie-Woogies vor, worauf diese ihn unvermittelt vor die Türe setzte und ihn vom Musikunterricht ausschloss. Die ersten Bandmitglieder waren 16- bis 20-jährige Schüler und Lehrlinge aus Suhr und Umgebung.

Die ursprüngliche Band von 1960
Hansjörg Leder tp Rohr
Bernhard "Benny" Karlen cl Suhr
Peter "Böse" Schmid tb Suhr
Heinz Merz bjo Suhr
René Karlen b Suhr
Hans "Turnschue-Hans" Egger dr Aarau


Bernhard "Benny" Karlen, der 16-jährige Benjamin der Band oder "de Chlii" wie er im Familienkreis liebevoll genannt wurde, bekam von René das Engagement nur unter der Bedingung, dass er fleissig nach den Schallplatten von King Oliver, Johnny Dodds oder auch Monty Sunshine aus der jungen Chris Barber Jazzband übe. Schon nach kurzer Zeit waren die Soli von Benny kaum mehr von denjenigen der Originalinterpreten zu unterscheiden. Als Probelokal für die Band diente die gute alte Stube im Wohnhaus der Familie Karlen an der Bachstrasse 82 in Suhr. Die Eltern der Gebrüder Karlen zogen sich während der Proben diskret in ein kleines Stübeli zurück, und liessen sich vom produzierten Lärm nicht stören.

Der Musikstil

Vorwiegend wurden traditionelle New Orleans-Stücke aus den goldenen 20er und Swing-Nummern der frühen 30er-Jahre, sowie auch Titel der jungen, aufstrebenden Chris Barber-Jazzband aus England im New Orleans-Revival- und Dixieland-Stil interpretiert.

Personelle Mutation 1961

Peter "Kniri" Knaus löste Peter "Böse" Schmid an der Trombone ab, welcher sich vermehrt auf seine sportliche Laufbahn bei den Handballern des TV Suhr konzentrierte.

1960 - Auf dem Balkon des Elternhauses
Band 1960
1961 - An der Bachstrasse, neu mit Kniri Knaus und Pedro Thomann
Band 1961

 

Auftritte

Die ersten öffentlichen Bandauftritte liessen nicht lange auf sich warten und waren allesamt sehr erfolgreich. Die Band präsentierte sich im Look der 20er Jahre in dunkler Konfirmandenhose, dem Gilet vom Grossvater, weissem Hemd und Samt-Bändeli.

  • Glockenhof Aarau
  • JEKAMI Frick (Wettbewerbs-Sieger, zusammen mit Kinderstar Peter Hinnen)

Eines der ersten Konzerte in Aarau

 



Personelle Mutationen 1962

Bereits 1962 kam es zu umfassenden personellen Wechseln.
Hans Widmer übernahm die Bassgeige von René Karlen, welcher auf das Banjo wechselte
und Peter Thomann löste Hans "Turnschue-Hans" Egger am Schagzeug ab.
Im späteren Jahresverlauf wechselte Hansjörg Leder in modernere Jazzgefilde zur jungen Pepe Lienhard-Band aus Lenzburg und wurde durch Peter Hofer ersetzt. Mit der Verpflichtung von Hans Baur, Klavier, mutierte die Band zum Septet.

Die Band von 1962
Peter Hofer tp
Bernhard "Benny" Karlen cl
Peter "Kniri" Knaus tb
Hans Baur p
René Karlen bjo
Hans Widmer b
Peter Thomann dr

 

Musikstil

Die Musik verlagerte sich mehr Richtung Dixieland und New Orleans Revival der 40er Jahre, wie er durch Chris Barber und Ken Colyer aus England zelebriert wurde.


Auftritte

  • Kronensaal Lenzburg
  • Winkelried Wettingen (Eintritt SFr. 2.50)



Personelle Mutation 1963

Im Herbst 1963 löste Peter Lüscher seinen damaligen Nachbarn, Schulkollegen und Jugendfreund, Peter Hofer, an der Trompete ab. Mit dieser Rochade entsprach unsere Band personell bereits im Jahr 1963 auf fünf Positionen der heutigen Besetzung.


Auftritte

  • Jazzkonzert mit den Black Bottom Stompers aus Zürich im Kursaal Baden.
  • Erfolgreiche Teilnahme am Amateur-Jazzfestival 1964 "Jazz at the Ballroom-House" im Kursaal Baden, mit dem 1. Rang in der Kategorie traditioneller Stil. Das Badener Tagblatt bezeichnete uns in seiner Berichterstattung schon damals als"die alten Routiniers".
  • Auftritt an der Expo 64 in Lausanne "Aargauer-Tag". In offizieller Mission für den Kanton Aargau jazzten wir am Umzug auf einem selbst gebastelten River Boat (von der AMAG Schinznach-Bad zur Verfügung gestellter VW-Pick-up mit Beplankungen aus Dachlatten und Wellkarton). Im Schlepptau tanzte eine Klasse der Kantonsschule Aarau "Hully Gully". Am Ende des Umzugs war die Kupplung des neuen VW-Pick-up durchgebrannt und die Kantischüler beklagten Blasen an den Füssen. Im grossen runden Festpavillon mit den zwei gegenseitig angeordneten Bühnen heizten wir abwechslungsweise mit Pepe Lienhard und seiner Band dem Publikum am Abend nochmals tüchtig ein.
  • Werbe-Aufnahmen für die Schweizer Filmwochenschau im Casino Bern. Als Vorschau und Werbung für das internationale Amateurjazzfestival 1964 in Zürich, wurden unsere Band, die Wolverines Jazzband aus Bern und das Six Trutt Trio für Filmaufnahmen engagiert. Die nötige Qualifikation für die Teilnahme am Festival in Zürich schafften wir an der entsprechenden Vorentscheidung 1964 allerdings nicht.

1963 - Mit Hans Baur im Septett, belegt die RSJB im Wettbewerb um den grossen Preis des Kursaals Baden den ersten Rang.



Personelle Mutation 1964

Mit dem Austritt von Hans Widmer (Bass) und der neuerlichen Verpflichtung von Peter "Böse" Schmid (Tuba) im Jahr 1964, erfuhr die Band eine stilprägende Veränderung und blieb bis zum Austritt von Hans Baur im Jahr 1967 in dieser Besetzung bestehen.

Musikstil

New Orleans-Jazz der 20er Jahre in all seinen Facetten, von Louis Armstrong, King Oliver über Bix Beiderbecke bis hin zum Swing anfangs der 30er Jahre von Duke Ellington. Als Probelokal stellten uns die Funker ihren Clubkeller am Graben in Aarau zur Mitbenutzung zur Verfügung. Der Transport eines alten Klaviers über die steile und schmale Kellertreppe war ein absoluter Kraftakt. Das Instrument war total verstimmt und nicht mehr auf die erforderliche Tonhöhe zu bringen. Mit dem Ausbau der Tastatur und Verschiebung des ganzen Registers um ½ Ton nach oben, konnte das Problem zufriedenstellend gelöst werden. Beim Abbruch des Gebäudes 1967, verschwand unser Klavier unter dem Abbruchmaterial.

Auftritte

  • Teilnahme am internationalen Amateurjazzfestival 1965 in Zürich. Die Band wurde mit dem 5. Rang im alten Stil ausgezeichnet, während sich die einzelnen Musiker in den Rängen 2 bis 5 klassierten. Bemerkenswert ist, dass am gleichen Wettbewerb der ehemalige Trompeter der RSJB, Hansjörg Leder, mit seinem Sextet, dem auch der Alto-Saxofonist Hans "Rougi" Rothenbühler angehörte, ebenfalls den 5. Rang im modernen Stil erreichte.
  • Ein gemeinsames Jazzkonzert mit dem legendären Jazz-Violinisten Stefan Grapelli und Musikern des Hot Club de France in der Uhrenmetropole Grenchen, war für uns ein weiterer Höhepunkt.
  • Diverse Auftritte bis anfangs der 70er Jahre im Jazzclub "In der Mitte" Reutlingen DE, der heutigen Partnerstadt von Aarau und im Jazzclub "Saustall" Ulm DE, einem unterirdischen, bombensicheren Spital aus dem 2. Weltkrieg, waren für uns insofern aufregend, als zu diesem Zeitpunkt der Jazz im süddeutschen Raum noch kaum verbreitet war. Vom Publikum wurden wir damals wie Welt-Stars bejubelt und zu Autogrammen gedrängt.
  • Ein unvergessliches Erlebnis aus dieser Zeit war das Zusammentreffen mit George Lewis 1967 in einem Spital in Stuttgart, welches er anlässlich seiner Europatournee krankheitshalber aufsuchen musste. Bei unserem Auftritt in Reutlingen erfuhren wir davon und entschlossen uns spontan, nach Stuttgart zu fahren, um ihm im Spital ein Ständchen zu geben.
  • Zum Abgang von Hans Baur wurde als Zeitdokument die 1. Schallplatte der RSJB aufgenommen (Serie, 10 Stück in Einzelanfertigung, mit von Hand gestalteten und original-kolorierten Plattenhüllen).

1965 - Die Riverstreet Jazzband am 15. intern. Amateur Jazzfestival Zürich



Personelle Mutationen 1967

Mit dem Zuzug von Martin "Chicken" Fischer am Helikon (Blasbass für die berittene Musik hoch zu Pferd) und seinem Bruder Anthony "Gorps" Fischer Banjo, wurde die RSJB im Frühjahr 1967 zur two-Banjo-Band. Peter "Böse" Schmid wechselte von der Tuba zum Washboard und ersetzte den Schlagzeuger, Peter Thomann, welcher nach Bern zog. Ende 1967 trat unser langjähriger Pianist, Hans Baur, aus der RSJB aus, um sich vermehrt anderen Musikprojekten (Unterhaltungs- und Volksmusik) zu widmen. Als Ersatz für Hans Baur wurde Charles "Charly" Jacquemai (Feldapotheker von Suhr) verpflichtet. An der Mittleren Dorfstrasse in Suhr fanden wir ein neues Probelokal in einem geräumigen Gewölbekeller.

Musikstil

Unser Musikstil wurde mehr und mehr zum Happy-Jazz auf der Grundlage des New Orleans-Jazz der 20er Jahre. Nach dem Abgang von Hans Baur erfuhr unsere Musik mit dem swingenden Stride-Piano von Charly Jacquemai und dem "fätzigen" Washboard-Sound von Böse Schmid eine weitere markante Veränderung.

Auftritte

  • Im Jazzclub Delémont genossen wir quasi den Status einer Hausband und wurden zwischen 1967 und 1973 an alle Jazzfestivals im "Saint Georges" eingeladen.
  • Die Kontakte zu Delémont, welche durch Charly Jacquemai zustande kamen, waren dermassen eng, dass uns die Stadt für ihr Separatistenfest engagierte.
     
Erste LP 1967 - Auflage 10 Stück  
   


 

1967 - Wir besuchten unser Vorbild George Lewis im Spital in Stuttgart.



Personelle Mutationen 1968/69

Nachdem sich Martin "Chicken" Fischer mit der RSJB so richtig ausgetobt hatte, verabschiedete er sich mit seinem Bruder Anthony "Gorps" Fischer, um sich anderen Musikprojekten zuzuwenden. Mit dem Bassisten, Peter "Schlumm" Hediger, welcher sein Instrument mit viel Swing bearbeitete, kam einmal mehr ein neuer Sound in die RSJB.

Musikstil

Die Musik der RSJB wurde einzigartig und passte in kein gängiges Old Time-Jazzstil-Schema mehr. Bläser und Washboard setzten mehr auf die Traditionen des New Orleans-Jazz, während das Stride-Piano und die moderne Basslinie, welche sich nicht strikte an die Harmonievorgabe hielt, Kontrapunkte setzte.

Auftritte

  • Eröffnungskonzert für den "Royal Garden Jazzclub"(welcher im Jahr 1969 gegründet wurde) im "Roschtige Hund" am Ziegelrain in Aarau.
  • Unsere häufigen öffentlichen Auftritte wurden zusehends zu Happenings.

Die wilden 60er Jahre, in denen nicht weniger als 16 verschiedene Musiker der RSJB angehöhrten, fand Ende 1969 mit der einstweiligen Auflösung der Band ihr Ende.